Ich bin ein großer Gegner der EU – so wie sich entwickelt hat. Aber es wäre ein Fehler zurück, wieder zu mehr Kleinstaaterei zu gehen.
Nur das Gegenteil kann die Zukunft sein.
Die Euroeinführung 2002 war falsch. Sie war aber nicht grundsätzlich falsch, sondern sie hätte der letzte Schritt von vielen Schritten sein müssen, während man stattdessem den Euro als ersten Schritt durchgeführt hat, mit der Erwartung, dass die anderen Schritte automatisch folgen werden.
Der Fehler war also nicht, dass der Euro eingeführt wurde, sondern wann, bzw. wie er eingeführt wurde.
Da jetzt einen Rückschritt zu machen, würde eine viel größere Verwerfung der europäischen Wirtschaft und der politischen Landschaft in Europa erwirken, als die Erhaltung des Euros.
Die Konsequenz muss daher heißen, dass die Schritte, die man vor 2002 versäumt hat durchzuführen, heutzutage schnellstens nachholen muss, wie z.B.
- Angleichung der Steuerbestimmungen
- Angleichungen der sozialen Systeme.
- Verbindliche Absprachen der Wirtschaftspolitik
- Eine Stimme nach außen (außerhalb der EU) in wirtschaftlichen und politischen Fragen und Ereignissen.
- Schaffung effiezenter Bürokratien. Nicht so lasch wie in Griechenland, nicht so kompliziert wie in Deutschland
Ein Euro bedeutet nicht, dass es allen gleich gut, bzw. gleich schlecht gehen muss. Auch in den USA oder in China ist die Kaufkraft nicht überall gleich. Ein Euro bedeutet aber, dass nicht jeder machen kann, was er will – und sollte jemand machen was er will, die anderen nicht noch stillschweigend nicken, das sie ja selbst genauso das machen, was sie wollen.
Na klar hat Spanien Schuld, dass es einen, auf Kredit aufgebauten Bauboom ausgelöst hat, bei dem man auch, ohne die Finanzkrise von 2008, sich hätte fragen müssen, wer denn da alles in die Wohnungen ziehen soll. Aber wo war Brüssel? Brüssel hat ja sogar noch EU-Subventionen dafür zur Verfügung gestellt. Warum? Waren die blind? Spanien hat Schuld. Aber Spanien die Alleinschuld zu geben, ist nur ein Ablenken des eigenen Versagens.
Na klar hat Griechenland Schuld, dass in Griechenland jeder, der die Möglichkeit hat, sich vor der Steuerzahlung drückt; dass der Staat nicht einmal weiß, welches Grundstück wem gehört. Na klar hat Griechenland Schuld, wenn an den Küsten von Orten, in denen niemand mehr als 100.000 € im Jahr verdient, die dicken Jachten, für jeweils mehrere Millionen Euro liegen. Aber Brüssel wusste es doch auch. Oder etwa nicht?
Zypern hat sein BIP innerhalb von 10 Jahren verdoppelt – nur über die Finanzwirtschaft, durch entsprechende Steuergesetze. Das hat nicht Brüssel gemacht, sondern Zypern. Aber Brüssel hat zugeschaut.
In Italien fließen jedes Jahr viele Milliarden, auch aus Brüssel, in dunkle Kanäle, ohne dass man, weder in Rom noch in Brüssel, entsprechend dagegen vorgeht.
Irland, Portugal usw. - und Deutschland.
Deutschland hat, was sicher sinnvoll war und kein Fehler, da man auch die globale Konkurrenz (Asien) sehen muss, eine moderate Lohnpolitik betrieben. Aber dass Deutschland eine Beschäftigungspolitik betreibt, bzw. schweigend duldet, die dazu führt, dass jeder Vierte, der in der privaten Wirtschaft arbeitet, im Niedriglohnsektor oder im 450 € Jobbereich arbeitet, Ist nicht gesund. Dass sogar die, die den Knochenjob in Großschlachtereien ausführen, oft nur 5 € die Stunde bekommen, ist ein Verbrechen und treibt jetzt sogar Belgien dazu, gegen Deutschland zu klagen.
Trotz EU, trotz Euro, sind wir ein Haufen egoistischer Einzelstaaten, wobei jeder – wirkliche jeder - auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Alle – ohne Ausnahme. Das gilt auch für Deutschland.
Dies muss aufhören. Wir haben in Zukunft mit Wirtschaftsmächten zu tun, die viel stärker sind als wir. Bleiben wir ein Haufen egoistischer Einzelstaaten, werden Mächte wie China und Indien uns genüsslich gegenseitig ausspielen. Schaffen es die BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), ihre Wirtschaftspolitik noch weiter miteinander abzustimmen, können wir als Einzelstaaten gleich einpacken.
Was wir brauchen, ist eine starke EU. Keine Größere, sondern ein Starke. Wollen wir aber weiter, jeder jeweils für sich seine eigene Suppe kochen, wird bald nur noch eine Wassersuppe, ohne jegliche Zutaten und Nährwerte übrig bleiben.
Aber wir brauchen auch eine andere EU. Die Hauptmusik darf nicht mehr in Brüssel, bei den Technokraten spielen, sondern in Straßburg, beim Parlament. Brüssel ist ein Artefakt der EWG, also aus der Zeit, als der Zusammenschluss nur eine reine Wirtschaftsgemeinschaft mehrere souveräner Staaten. Wir nähern uns aber politisch, da hat Brüssel nicht mehr das Wort zu führen, sondern das Parlament in Straßburg. Die Technokraten haben dann das auszuführen, was das Parlament bestimmt.
Wir brauchen keinen geordneten Rückzug aus dem Euro, sondern eine geordnete, durchdachte Flucht nach vorne. Es muss das nachgeholt werden, was man vor der Einführung des Euros versäumt hat
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