Jetzt dreht die Ärzteschaft in Deutschland wohl endgültig durch. Da plant die schwarz-rote Regierungskoalition eine Garantie von der Ärzteschaft, sich so zu organisieren, dass ein Behandlungstermin bei einem Facharzt binnen vier Wochen gewährleistet wird, und schon geht in der Ärzteschaft das lamentieren los.
Wie antwortet z.B. der Ärztepräsident, Dr. Frank Ulrich Montgomery auf den Regierungsvorschlag?!
„Wenn die Patienten Garantien von ihren Ärzten bekommen, muss im Gegenzug auch eine Garantie für die Einhaltung dieses Privilegs geben.“
Womit Herr Dr. Montgomery meint, dass, sollte das Privileg der Garantie für eine zeitnahe Behandlung (binnen vier Wochen) bei Fachärzten eingeführt werden, ein Patient, im Gegenzug, eine Entschädigung zahlen sollte, sollte er nicht zu einem vereinbarten Termin erschienen sein.
Mal ehrlich. Was fällt diesem Schnösel eigentlich ein, einen relativ nahen Behandlungstermin bei einem Facharzt als ein Privileg darzustellen.
Wer ist in diesem Land eigentlich für wen da. Sind die Bürger dazu da, um krank zu werden und damit Patient, damit es den Ärzten in diesem Land gut geht – oder sind die Ärzte dazu da, damit die Bevölkerung gesund ist, und sollte jemand aus der Bevölkerung krank werden, dieses auch zeitnah behandelt werden kann?
Das ärztliche Recht auf Privatorganisation, wie es in Deutschland gehandhabt wird, also dass nicht der Staat reglementiert, geht einher mit der Pflicht der Ärzteschaft, eine angemessene Versorgung zu schaffen.
Ist es wirklich angemessen, auf einen Termin bei einem Facharzt, länger als vier Wochen zu warten, selbst wenn dieses eventuell nur bei jedem zehnten Patienten passieren sollte, dafür aber dann eben auch durchaus mehrere Monate dauern kann, bis zu dem Termin?
Ist es überhaupt angemessen, wenn man zu einem Arzt geht, dass man dort oft länger als eine oder zwei Stunden warten muss, auch wenn der Termin abgestimmt war?
Wie wäre es da einmal mit einer Entschädigung für den Patienten, durch den Arzt, wenn der Patient etwas länger im Wartezimmer warten muss. Hat sich Herr Dr. Montgomery schon einmal darüber Gedanken gemacht, ob es nicht ein sehr negatives Privileg für den Patienten ist, wenn er länger als eine Stunde in einem ärztlichen Wartezimmer warten muss.
Wenn Herr Dr. Montgomery wirklich meint, dass es ein Privileg ist, relativ zeitnah einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, zeigt er immer mehr auf, dass er der Auffassung ist, dass nicht der Arzt für den Patienten dazu sein hat, sondern der Patient für den Arzt.
Denn Privilegien muss man sich verdienen. Daher hat Herr Dr. Montgomery sogar recht, wenn nicht jedem solche Privilegien zustehen. Würden jedem solche Privilegien zustehen, wären es ja keine Privilegien mehr. Stellt sich nur noch die Frage, ob es wirklich ein Privileg zu sein hat, von einem Arzt relativ zeitnah behandelt zu werden.
Wenn die Ärzteschaft nicht in der Lage ist, die in Deutschland übliche ärztliche Privatorganisation so zu führen, dass ihre gleichzeitige Pflicht, eine angemessene Versorgung zu schaffen, was auch bedeutet, dass man a) nicht länger als vier Wochen auf einen Termin bei einem Facharzt warten muss, und b) dass Ärzte genauso wie in anderen Branchen gelernt haben müssen, Termine, die sie vereinbaren, dann auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums einzuhalten haben, muss das ganze System infrage gestellt werden. Auch der Patient hat seine Zeit nicht irgendwo gestohlen, um dann stundenlang im Wartezimmer einer Arztpraxis verbringen zu können.
Man muss kein Sozialist sein, um zu der Auffassung zu gelangen, dass ein staatlich gelenktes Gesundheitssystem letztendlich besser ist, als ein privat gelenktes. Zu viele haben im Gesundheitssystem das Eigeninteresse, für sich eine maximale Gewinnmaximierung herauszubekommen. Da setzt ein Krankenhausarzt schon mal eine, vielleicht durchaus vermeidbare Operation an, um seinen Jahresbonus, für eine Mindestanzahl an Operationen, nicht zu gefährden. Und Allgemeinärzte, Zahnärzte, Augenärzte oder andere Fachärzte, drängen dem Patienten, privat zahlungspflichtige Zusatzleistungen auf mehr, weil es für sie Geld bringt, als dass es wirklich notwendig wäre.
Daher hat ein staatlich gelenktes Gesundheitswesen durchaus Sinn.
Man muss nur von Anfang an einige Fehler vermeiden, die dazu führen, dass jeder Landrat oder politische Provinzfürst, der gerne wiedergewählt wird, für jede kleine Kreisstadt, einfach ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung für die Gesundheit hinstellen darf.
Aber das kann man regeln. Und wenn wir heutzutage zwar genug Ärzte haben, die aber ungleichmäßig, in der Stadt viele, auf dem Land wenige, verteilt sind, lässt sich auch das in einem staatlich gelenkten Gesundheitssystem regeln.
Wenn man nicht mehr einfach eine eigene Praxis aufmachen kann, sondern eben nur noch im Ärztezentrum Deekelsen oder in Ärztezentrum Büttenwarder eine Stelle frei ist, dann muss man da eben hinziehen. Das ist so im Angestelltenverhältnis nun einmal üblich, wenn man den Beruf nicht überall ausüben kann. Wieso sollen Ärzte da auf ein Privileg bestehen. Haben sie sich das verdient?
Eine Gesellschaft, in der das Gesundheitssystem nicht für die Kranken und für die, die sich bemühen gesund zu bleiben, ist, sondern für die, die an den Kranken und an denen, die sich bemühen gesund zu bleiben, verdienen, ist selbst krank.
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