Es gab einmal Zeiten, ich gebe zu, das ist schon etwas her, da gab es Leute, die wollten die Welt verbessern. Sie gingen gegen die Apartheid in Südafrika auf die Straße, gegen den Vietnamkrieg, gegen den Bürgerkrieg im Kongo, gegen den Hungertod in Biafra.
Heutzutage sieht es oft weniger human und moralisch aus, wenn Leute behaupten, sie würden die Welt verbessern. Sicher, es gibt noch Greenpeace, die gegen die Umweltverschmutzung kämpfen, Idealisten, wie Rüdiger Nehberg, der für den Freiraum der Indianer im Amazonas kämpft und gegen die Genitalverstümmelung bei Frauen. Und es gibt noch andere, die sich dem Ideal gewidmet haben, für eine bessere Welt zu kämpfen.
Aber Fakt ist auch, dass auch gerade viele, die unsere Leistungsgesellschaft verachten und auch unser Geldsystem verachten, in dem Sie nur Ausbeutung erkennen können, ihren Egoismus hinter der Maske von Weltverbesserern verstecken.
Die BGE-Propheten gehören zu diesen Egoisten. Und Sie predigen ihr Heilversprechen, wie Pastoren von der Kanzel. Mit gleicher tiefbrünstiger Überzeugung, wie fundamentalreligiöse Prediger, die sich über die Machbarkeit Ihres Paradieses auf Erden, nicht nur keine Gedanken machen, sondern Kritiker eher wie Ketzer behandeln. Daher ähneln die BGE-Propheten auch eher Führern einer Religionsgemeinschaft, als Menschen, die wirklich die Welt verbessern wollen.
Sie reden von Freiheit. Der Mensch soll endlich wieder frei sein und seine Unterwerfung abschütteln.
Aber frei sein – von was bitte schön frei sein?
Frei von dem Zwang, Leistung zu bringen? Sich selbst entscheiden können, welcher Leistung man geben will – oder eben auch nicht.
Sie wollen rufen: „Frei, frei, frei; endlich bin ich frei.“
Nur wer ist frei, der, um zu überleben, essen erhalten muss; der zum Überleben Kleider haben muss, mindestens eine Wohnung; ein Computer haben möchte, eine Tiefkühltruhe, ein Fernseher, ein Handy. Ist jemand frei, der im Zug saubere Toiletten haben muss? Oder ein sauberes Krankenhaus? Saubere Schulen? Saubere Supermärkte?
Was bedeutet Freiheit?
Habe ich das Recht zu sagen, dass ich, selbst wenn ich auf andere Weise nicht für meinen Unterhalt sorgen kann, mich weigern würde, Zugtoiletten zu reinigen, wenn man mir diese Möglichkeit anbietet – und ich eben ansonsten von der Gesellschaft Unterstützung benötige.
Die BGE-Propheten schreien doch, dass das BGE einem die Freiheit geben kann, nicht jeden Job machen zu müssen.
Ist es wirklich Freiheit, wie gesagt, vorausgesetzt, ich finde keinen anderen Job, zu sagen: „Nein das will ich nicht machen, dann lieber ein BGE“, wenn ich doch aber davon ausgehen möchte, und es im Grunde verlange, dass irgendein anderer, der nach meiner Vorstellung auch ein Recht auf ein BGE hat, fast einen Orgasmus bei der Vorstellung bekommt, Zugtoiletten reinigen zu dürfen, und sich daher mit Reinigungsmittel und Bürste auf jede Zugtoilette stürzt. Habe ich ein Recht zu verlangen, dass es genug Leute gibt, die so viel Erregung beim Reinigen von Zugtoiletten bekommen, dass ich, auch wenn ich diesen Job selbst nicht machen möchte, trotzdem in jedem Zug, oder auf jeder Autobahnraststätte, Bahnhof, Warenhaus, oder wo auch immer, eine saubere Toilette finde?
Freiheit wäre, wenn ich keine Zugtoiletten benötigen würde. Freiheit wäre, wenn ich keine Kleider, keine Lebensmittel und keine Wohnung benötigen würde.
Das ist Freiheit.
Egal, ob ich diese Leistungen nun von anderen erhalten, oder in mühsamer Arbeit selbst erstellen muss, stirb die Freiheit alleine schon dadurch, dass ich sie benötige.
Und Geld an sich hat keinen Wert. Geld hatte nie, aus sich heraus, einen eigenen Wert.
Wie schon die Cree Indianer passend erkannt hatten:
„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“
Letztendlich benötigen wir kein Geld. Wir könnten auch Leistung gegen Leistung tauschen. Ich schmiede ein Messer und tausche es beim Bäcker gegen Brot. Probleme bekomme ich, wenn der Bäcker genug Geschmiedetes von mir hat. Was anderes kann ich als Schmied nicht anbieten. Also bekomme ich auch kein Brot mehr vom Bäcker. Dafür hat man das Geld erfunden. Um das Tauschen zu vereinfachen.
Leistung gegen Leistung – und das Geld als Zwischenglied.
Aber Geld selbst kann keine Leistung ersetzen.
Geld kann kein Korn aussäen. Geld kann nicht ernten, kein Mehl mahlen, kein Brot backen. Und Geld kann, bleiben wir mal bei der Putzfrau, nicht die Bäckerei so hygienisch sauber halten, dass uns das Brot auch noch bekommt.
Geld kann selbst keine Leistung ersetzen. Geld hat keinen eigenen Wert.
Geld hatte nie einen eigenen Wert.
Früher, in besseren Tagen, als der Mensch, nach Auffassung von Einigen, noch frei war, bestand das Geld aus Gold-, Silber- und Kupfermünzen. Nicht das Geld war der Wert, sondern das Material, aus dem das Geld bestand. Schummelte ein Fürst und mischte einen Bleikern in die Gold- oder Silbermünzen, verlor das Geld seinen Wert, sobald diese Schummelei herausgekommen war. Egal, wie groß auf der Münze 1 Golddukaten oder 1 Silberschilling geprägt war. Wurde bekannt, dass die Münze nur noch zur Hälfte aus Gold oder Silber bestand, war sie auch nur noch ½ Golddukaten oder einen ½ Silberschilling wert.
Nicht das Geld hatte den Wert, sondern das Material.
Dann kam das Papiergeld auf. Auch wenn das Papier nichts wert war, bekam das Geld seinen Wert durch die Goldreserven des jeweiligen Landes. Man konnte, wenn man denn wollte, sein Papiergeld gegen Gold eintauschen. Wenn die Länder mehr Papiergeld druckten, als sie Goldreserven hatten, kam früher oder später eine Inflation.
Nicht das Geld hatte den Wert, sondern das Gold, was als Währungsreserve in den Tresoren der Staatsbank lag.
Heutzutage wird der Wert der Währung durch die Leistungskraft einer Volkswirtschaft definiert. Auch das ist logisch. Da es dort auch dabei um eine Leistung handelt. Letztendlich wird, wie beim Schmied und Bäcker eine Leistung gegen Leistung getauscht. Ist nicht mehr Geld im Umlauf, als Leistungen, gibt es auch keine Inflation. Gibt es Geld, hinter dem keine Leistung steckt, gibt es Inflation oder zumindest erst einmal eine Finanzkrise, wie z.B. im Jahr 2008, an der wir noch heute knabbern.
Theoretisch müssten wir schon heute wieder eine höhere Inflation haben, weil die EZB, wie nichts gutes, Geld auf den Markt wirft. Wir haben noch keine Inflation, weil das Geld nicht auf dem Markt ankommt. Die Banken horten das Geld lieber, bzw. legen es wieder bei der EZB mit höheren Zinsen an, als sie selbst bezahlen. Aus diesem Grund hat die EZB letztens beschlossen, Strafzinsen zu fordern, wenn die Banken das Geld, was sie sich billig leihen, nicht in den Markt werfen.
Kommen wir wieder zu unserer schnöden Leistungsgesellschaft.
Letztendlich wäre das BGE kein echtes BGE. Wie gesagt, Geld kann man nicht essen. Ein BGE wird es eigentlich erst, wenn wir uns eine Leistung damit erwerben.
Wir brauchen auch kein Geld von unserem Chef, sondern das Kotelett aus der Tiefkühltruhe. Letztendlich gibt uns der Chef nur einen Fetzen Papier, auf dem steht, dass wir uns ein Kotelett kaufen können, oder die Miete bezahlen.
Wir brauchen also das, was hinter dem Geld-BGE steckt. Wir brauchen Leistung. Ein BGE verschafft mir das Recht, das einklagbare Recht, eine Leistung zu bekommen, ohne unbedingt eine Leistung selbst zu leisten zu wollen.
Nur, wenn ich ein einklagbares Recht habe, eine Leistung zu bekommen, muss auch jemand eine einklagbare Pflicht haben, die Leistung zu erstellen.
Hoffe ich, dass, trotz eines BGEs, alle freiwillig weiter arbeiten werden, und dass nicht nur in den Berufen, die Spaß machen, sondern auch in den Berufen, die nicht unbedingt so viel Spaß machen, kann ich zwar hoffen, und meine Hoffnung geht vielleicht sogar in Erfüllung (was aber anzuzweifeln wäre), aber ich hätte kein einklagbares Recht, zu verlangen, dass jemand arbeitet und mir eine Leistung erstellt.
1. Ich hätte kein einklagbares Recht, dass der Bauer wirklich ein Schwein züchtet.
2. Ich hätte kein einklagbares Recht, dass jemand die Schweine zur Großschlachterei transportiert.
3. Ich hätte kein einklagbares Recht, dass jemand wirklich in einer Großschlachterei bereit ist, das Schwein zu schlachten.
4. Ich hätte kein einklagbares Recht, dass jemand wirklich bereit ist, die Großschlachterei hygienisch zu reinigen, sodass ich keine Vergiftung bekomme, sollte ich ein Kotelett essen.
5. Ich hätte kein einklagbares Recht, zu verlangen, dass jemand die Koteletts zum Supermarkt transportiert.
6. Ich hätte kein einklagbares Recht, zu verlangen, dass jemand die Koteletts in die Tiefkühltruhe legt.
7. Ich hätte kein einklagbares Recht, dass jemand den Supermarkt sauber hält.
Bei wem sollte ich denn das alles einklagen, wenn jeder das Recht auf Leistung hat, also ein BGE, ohne eine Gegenleistung zu bringen.
Und man schaue sich die Leistungskette genau an. Es muss nur ein einziges Glied in dieser Leistungskette ausfallen – ein Einziges – und alle anderen, die auch in der Leistungskette stehen, können zu Hause bleiben, brauchen auch nicht arbeiten, da ihre Arbeit überflüssig ist.
Geld kann, da es selbst keinen Wert hat, nur den Wert von Leistung widerspiegeln. Bekommt jemand Geld ohne Leistung, müssen andere diese Leistung, zwangsweise mit erschaffen.
So funktioniert unser heutiges System, in dem jemand ALG bekommt, wenn er keine Arbeit hat und es für ihn auch keine Arbeit gibt. Aber gibt es Arbeit für ihn, muss er auch, wenn er gesund ist und die Arbeit nicht illegal oder unmoralisch ist, arbeiten.
Fällt dieser Zwang weg, wird es notwendige Leistungen geben, die nicht mehr, oder in viel zu geringem Umfang, bedient werden. Sei es Toiletten reinigen, oder reinigen von Großschlachtereien, Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser.
Sollten Krankenhäuser nur noch unzureichend gereinigt werden, kann auch der Chirurg zu Hause bleiben, da niemand sich mehr freiwillig unter das Skalpell legen wird.
Und es ist ja nicht nur das Reinigen, das wegfallen würde. Nachts dürfte es kaum noch Taxis geben. Welcher Fernfahrer (die Fernfahrerromantik ist schon lang vorbei) würde noch wochenlang sich über Straßen, weit weg von seiner Familie, quälen, wenn er nicht mehr arbeiten müsste. Welcher Matrose auf den Frachtern (oder wollen wir, selbst BGE haben wollend, darauf bauen, dass weiter Matrosen aus Ostasien für uns über die Meere fahren). Seefahrerromantik, wenn es sie denn wirklich mal gab, ist auch schon lange vorbei. Wie viele wären noch bereit, in einem Bürojob jeden Tag, irgendwelche Artikelnummern in den Computer geben. Das ist sicher auch kein sehr „kreativer Job“.
Und ist es wirklich Freiheit, zu sagen, ich habe die Freiheit diesen oder jenen Job nicht machen zu müssen, erwarte aber, ja ich fordere es geradezu, dass andere diesen Job in Zukunft, auch wenn es das BGE gibt, freiwillig ausführen.
Ich will keine Zugtoiletten schrubben müssen. Verlange ich aber saubere Zugtoiletten, bedeutet das, dass irgendjemand, der auch einen Anspruch auf eine BGE hat, freiwillig die Zugtoiletten schrubben muss, (ob er will oder nicht).
Ich würde niemals eine Großschlachterei reinigen wollen, erwarte aber, dass jemand dieses, auch wenn er ein BGE bekommt, freiwillig tut.
Genauso erwarte ich, dass jemand so viel Freude hat, Schweine zu schlachten, dass er voller Freude zu seiner Arbeit ins Schlachthaus geht, um eben Schweine zu schlachten.
Und sicher fordere ich auch, dass jemand Lust hat, Schweine zu transportieren und dieses daher freiwillig tut.
Aber ich möchte das alles nicht ausüben müssen. Daher bestehe ich auf ein BGE.
Ich bestehe auf mein BGE, damit ich das Kotelett, das niemals eine Chance hat, bis zum Supermarkt zu kommen, im Supermarkt kaufen kann.
Ich bestehe auf mein BGE und erwarte, ja ich fordere sogar, dass andere die öffentlichen Toiletten schrubben, die ich, wenn es mal unterwegs drückt, sauber benutzen möchte.
Ich möchte nicht wirklich jeden Job machen müssen, und die anderen sollen nicht jeden Job machen müssen. Aber jeder Job soll ausgeführt werden. Jeder Leistung soll mir zur Verfügung stehen.
Ich will Freiheit, keine Unterwerfung. Ich will ein BGE. Ich will ein Recht auf Leistung haben, die aber niemand ausüben muss.
Die BGE-Propheten, die sich im Internet tummeln und dort das Paradies auf Erden ausrufen, sind die schlimmsten Rattenfänger seit Jahrzehnten. Denn sie wollen das einklagbare Recht, alle Leistung bekommen zu dürfen, ohne das jemand verpflichtet ist, sie zu schaffen.
Es sind wirklich Rattenfänger, und die, die sich freuen, dass man ihnen ein Paradies auf Erden verspricht, stellen sich gar nicht die Frage, ob das BGE machbar ist.
Zur Buchbeschreibung: Der Irrglaube BGE
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