INSM - und der Missbrauch von Werksverträgen

Es ist wirklich faszinierend, wie die INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) versucht, dem Volk seine neoliberale Weltordnung zu verkaufen.


Sie reden von einer Studie, in der das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, von der INSM in Auftrag gegeben, angeblich die Vorteile von Werksverträgen belegt.


Davon abgesehen, dass die Studie gar nichts belegt, sollte man sich dabei auch, bevor man sich direkt mit der Studie beschäftigt, wer hier einen Auftrag erteilt hat, und wer diesen Auftrag, also die Studie, erstellt hat.


Fangen wir mit der INSM an.


Die INSM ist eine, vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall, im Jahr 2000 gegründete Interessenvertretung, die in der Öffentlichkeit Werbung für mehr Freiheiten für Unternehmen, weniger Regelungen für Unternehmen, und damit das, was man neoliberale Wirtschaftsordnung nennt, dem Volk, durch einseitige Werbung, schmackhaft machen will.



Nun das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.


Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ist ein arbeitgebernahes Wirtschaftsinstitut. Es wird von Verbänden und Unternehmen der freien Wirtschaft finanziert. Trägervereine sind die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der deutschen Industrie.


Da hat also eine Tochter von Arbeitgeberverbänden einer anderen Tochter von Arbeitgeberverbänden bescheinigt, dass die Werksverträge nur positiv sind, und eine Bereicherung für Deutschland, und eine schärfere Bestimmung von Werksverträgen, daher nicht notwendig ist.


Da könnte auch ein Wolf einen anderen Wolf um eine Studie bitten, ob es notwendig ist, ob der Schäfer, zur Sicherung der Herde, einen höheren und stabileren Zaun für die Schafherde bauen soll – oder nicht.


Und diese Studie, immerhin von einem Wirtschaftsinstitut, soll dann den Beweis bringen, dass Werksverträge toll sind.


Aber genauso, wie die INSM bei Facebook, bei Werksverträgen eben nur eine Seite der Medaille aufzeigt, und Hinweise auf die andere Seite der Medaille immer totschweigt, als ob diese nie in Kommentaren zur Sprache kommen, zeigt eben auch die Studie nur eine Seite der Medaille auf.


Werksverträge sind sinnvoll. Sie sind privatrechtliche Verträge über den gegenseitigen Austausch von Leistungen, bei dem sich ein Teil verpflichtet, ein Werk, gegen eine Zahlung einer Vergütung (Werkslohn) durch den anderen Vertragsteil (Besteller) herzustellen. In Abgrenzung zum Dienstvertrag wird nicht nur die Leistung selbst, sondern auch der Erfolg (Werkserfolg) der Leistung geschuldet.


Das ist an sich eine tolle Sache, und ist im Grundsatz nicht einmal zu bemängeln.


Ein selbstständiges Ingenieurbüro, das einen Werksvertrag über die Erstellung einer Brücke unterschreibt, verpflichtet sich diese Brücke zu bauen und auch dass sie funktionell ein Erfolg ist.


Oder:


Ein selbstständiger Informatiker geht einen Werksvertrag über ein IT-Projekt in einer Firma ein, das, nach Fertigstellung eben auch ein funktioneller Erfolg, wie vereinbart, ist.


Das sind alles Formen von Vergabe von Aufträgen an Selbstständige, zur Erstellung eines Projekts.


Das ist die eine Seite der Medaille.


Kommen wir nun zur anderen Seite der Medaille, über die das Institut der deutschen Wirtschaft sich ausschweigt, und die INSM, trotz mehrfacher Hinweise, sich ausschweigt, ja sogar schon bei Facebook verlangt hat, dass man solche Videos, die solche Missbräuche aufzeigen, nicht mehr in die Kommentare verlinkt.


Immer mehr Krankenhäuser, und ähnliche Einrichtungen, gehen dazu über, Teile ihres Personals, Pfleger, Krankenschwestern, zu kündigen. Dann wird, oft von den Krankenhäusern selbst (als Tochterunternehmen) ein Dienstleistungsunternehmen gegründet, mit dem man einen Werksvertrag abschließt, und die ehemaligen Mitarbeiter des Krankenhauses erhalten die Möglichkeit dort als Angestellte tätig zu werden, für wesentlich weniger Geld, weniger Urlaub, und auch ohne die betriebliche Altersvorsorge, die in vielen Krankenhäusern selbstverständlich ist.


Diese Form von Werksverträgen hat nur die Aufgabe, die Lohnkosten zu senken, in dem man Personal aus den Tarifvereinbarungen, die die Krankenhäuser, mit der entsprechenden Gewerkschaft, ausgehandelt haben, auszusondern. Denn das Dienstleistungsunternehmen gehört nicht der Tarifgemeinschaft an.


Arbeitgeber schließen also über ihre Arbeitgeberverbände Tarifverträge ab, um diese danach zu unterlaufen, in dem man einfach Teile des Personals aus dieser Tarifvereinbarung ausschließt.


Da stellt man sich glatt die Frage, wieso Tarifvereinbarungen, wenn man diese dann unterläuft.


Seit dem das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010, veröffentlicht im Jahr 2011, allen Leiharbeitern, sogar bis zu einem gewissen Zeitraum, rückwirkend, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, zugesteht, versuchen nun Unternehmen diesen Rechtsspruch zu unterlaufen, in dem sie keine Leiharbeiter mehr einstellen, sondern Werksverträge mit Dienstleistungsunternehmen abschließen, deren Mitarbeiter dann eben nicht mehr in der Tarifbindung sind, wie die Festangestellten bei dem Auftraggeber.


Es dreht sich also in dem Bereich nur darum, Lohnkosten, auf Kosten der Arbeitnehmer, einzusparen. Also um Lohndumping.


Inzwischen hat diese Form von Ausbeutung in vielen Branchen, auch in der Industrie ( z. B. Siemens, Daimler) Einzug gehalten, da Leiharbeiter, von der Kostenseite, nicht mehr so attraktiv sind.


In der deutschen Fleischverarbeitungsindustrie geht das inzwischen soweit, dass osteuropäische Wanderarbeiter, für wirklich sehr wenig Geld arbeiten, und dann auch noch oft in einer Art und Weise untergebracht werden, und dabei ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, was man schon fast als kriminell bezeichnen könnte.


Aber auf diese Missstände angesprochen, schweigt die INSM diese einfach aus, als ob sie nicht existieren (was sie aber tun), und bejubelt die andere Medaille von Werksverträgen dafür um so mehr.


Das Institut der deutschen Wirtschaft geht zumindest am Rande auf das Problem ein, wobei ihr Ergebnis reiner Hohn ist, ich zitiere aus der Studie:


Aus diesem Umstand leiten Befürworter einer Regulierung Handlungsbedarf ab: Die Leistungserstellung durch Solo-Selbstständige leiste „Lohndumping“ und der „Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen“ Vorschub (Siebenhüter 2013, 47). In der Hierarchie betrieblicher Randbelegschaften rangieren sie noch hinter Zeitarbeitnehmern, die von einem Werkvertragsauftragnehmer beauftragt wurden (Siebenhüter 2014, 307). Ein belastbarer empirischer Beweis für die implizite Unterstellung, dass es sich bei den Solo-Selbstständigen um besonders schützenswerte prekäre Erwerbstätige handelt, findet sich jedoch nicht.


Es dreht sich, wie aufgezeigt, bei Firmen mit Werksverträgen, nicht immer um „Solo-Selbstständige“ wie man es hier suggerieren will, sondern um Angestellte, die in einem „Sonder-Unternehmen“, das einen Werksvertrag mit einem anderen Unternehmen eingegangen ist, aus einer Tarifbindung heraus gestoßen wurden.


Wenn also Unternehmen ganz bewusst Tarifverträge aushebeln, und (bleiben wir bei den Krankenhäusern) Pfleger auf einmal, für die gleiche Arbeit, die sie vorher getan haben, am gleichen Arbeitsplatz, wesentlich weniger Geld, Urlaub und auch keine betriebliche Altersvorsorge erhalten, ist das anscheinend völlig in Ordnung. Dass das oft Löhne sind, die es den Betroffenen unmöglich machen, ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren, und sie dann sogar oft durch ALG II aufgestockt werden müssen, ist also, laut dem Institut für Wirtschaft, völlig in Ordnung.


Dabei weist das „Deutsche Institut für Wirtschaft“ sogar auf, dass selbstständige mit Werksverträgen besser verdienen, als normale Arbeitnehmer.


Nun – ein Ingenieur, der einen Werkvertrag für die Erstellung einer Brücke oder eines Gebäudes abschließt, bekommt einen lukrativen Auftrag, der hoch bezahlt wird. Das Gleiche gilt für einen Informatiker, der für ein IT-Projekt einen Auftrag erhält. Ein guter Informatiker rechnet bei seinem Angebot schnell mal mit Stundenlöhnen (für sich) von 150 €.


Einen selbstständigen Ingenieur oder einen Informatiker in einen Topf mit einer Krankenschwester, die wohlgemerkt keine Selbstständige ist und nicht mehr direkt an ihrem Arbeitsplatz auch angestellt ist, in einen Topf zu werfen, ist nichts anderes, als wenn man bei einem Haus, in dem zwei Leute wohnen, feststellt, dass das Vermögen im Haus 2 Millionen € beträgt, und somit niemand Unterstützung benötigt, da ja im Durchschnitt jeder 1 Million € besitzt, ohne die wahre Vermögensaufteilung zu überprüfen.


Man muss sich das nur einmal deutlich vor Augen führen. Ein Institut, dessen Trägervereine die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der deutschen Industrie sind, also eine Seite bei den Tarifverhandlungen, die ja von den Arbeitgeberverbänden mit abgeschlossen werden, sieht kein Handlungsbedarf, wenn dann von den Mitgliedern dieser Arbeitgeberverbände, durch solche „Werksverträge“, die Tarifvereinbarungen teilweise wieder außer Kraft gesetzt wird. Man schließt also Tarifverträge ab, an die man sich zwar rechtlich hält, aber in der Praxis diese eben untergräbt.


Und das ist dann, auch damit wirbt ja die INSM „Das Deutschland Prinzip.“


Wobei ja, zumindest bei Facebook, die INSM ja bei diesem Thema einfach schweigt, und teilweise sogar verlangt, wenn man auf diese Missstände durch Videos hinweist, dieses einzustellen.


Und wenn man dann noch behauptet, es dreht sich bei den Interessen von der INSM nicht um „Deutschland“, sondern nur um die Gewinnmaximierung der Arbeitgeber, und man schreibt, dass sie das Volk versuchen zu täuschen, sie ihnen Sand in die Augen streuen, spielt man noch den Beleidigten und redet von böswilligen Unterstellungen.


Ich will ehrlich sein. Ich habe nichts gegen Interessenvertretungen von Arbeitgebern. Aber ich verlange, dass diese Interessenvertretungen ehrlich sind, und nicht so tun, als ob sie das Wohl dieses Landes im Auge haben, wenn sie in Wirklichkeit nur ihre eigenen Interessen verfolgen, auf Kosten der Arbeitnehmer, die eben auch zu Deutschland gehören.


Und dass sie nur ihre eigenen Interessen, auf Kosten der Arbeitnehmer, vertreten, kann man alleine schon sehen, wie sie sich bei Facebook präsentieren.


Das Arbeits- und Sozialministerium will nicht per se die Werksverträge regulieren, sondern nur die Form, in denen man versucht Tarifverträge auszuhebeln. Es dreht sich nur um, ich zitiere aus dem entsprechenden Teil des schwarz/roten Koalitionsvertrag:


"Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen verhindert werden."


Und das ist wirklich dringend notwendig. Und das will die INSM mit allen Mitteln verhindern.


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