Totale Meinungsfreiheit für freie Büger?

 – oder doch eher nicht?

 

Donald Trump befeuert mal wieder diese Diskussion. Darf man alles sagen, was man behauptet zu meinen, oder eben doch nicht.

 

Die Frage, die dabei zu stellen ist, ist, was ist eine freie Meinung, und was einfach nur eine Behauptung, um seine Ideologie zu vertreten, oder sich durch eine Lüge einen Vorteil zu erschaffen.

 

Kommen wir zu dem aktuellen Thema. Trump meint, Briefwahlen sind betrügerisch.

 

Was ist an der Frage dran?

 

Briefwahlen werden genauso anonym abgegeben wie die Stimmen, die direkt an der Wahlurne abgeben sind, und sie werden genauso gezählt und kontrolliert. Ob dabei die Wahlhelfer eine Wahlurne ausschütten und die Wahlzettel zählen, oder man die Briefumschläge aufreißt, ist dabei egal. Erst wenn der Wahlhelfer den Wahlzettel in der Hand hat, kann er sehen, wer gewählt wurde und, unterstellen wir ihm den Versuch einer Wahlmanipulation, den Wahlzettel, wenn ihm die abgegebene Stimme nicht passt, verschwinden lassen.

 

Im Gegensatz zu den Wahlautomaten kann dabei nicht von außen, durch Hacker, eingegriffen werden.

 

Trump gibt na klar auch keine sachliche Begründung für seine Behauptung von sich. Man kann nur vermuten, dabei dürfte man gar nicht mal so falsch liegen, dass eher die ärmere Bevölkerung in armen Bevölkerungsgegenden, von der Trump vermutet, sie würde eher die Demokraten wählen, Briefwahl abhalten werden, da in ärmeren Gegenden auch der Coronavirus schlimmer grassiert als in den Gegenden der wohlhabenderen Bevölkerung – wegen der dortigen Wohnungsdichte, und die Bevölkerung daher höhere Angst hat, auch wenn sie vor den Wahlräumen in der Schlange stehen müssen, angesteckt zu werden.

 

Trump ist na klar über den Vorwurf, er würde etwas behaupten wofür es keine Belege gibt, empört, und unterstellt, man würde ihm, einen Bürger der USA, die freie Meinung verbieten wollen, die in den USA (laut Verfassung) fast schon heilig ist.

 

Aber da stellt sich die Frage, was ist eine Meinung?

 

Darf ich, wie Trump, eine Meinung vertreten und siee öffentlich als Wahrheit hinausposaunen, wenn ich nicht einmal – und das nicht einmal andeutungsweise – Belege für meine Behauptung vorbringen kann.

 

Darf ich, nur weil mir etwas nicht gefällt, eine andere Meinung haben?

 

Darf ich, nur weil mir es nicht gefällt, dass die Sonne im Osten aufgeht, behaupten, sie würde im Westen aufgehen? Und darf ich, wenn mir jemand sagt, ich würde lügen, von ihm verlangen, dass er meine Meinung, zumindest als meine Meinung, zu akzeptieren hat.

 

Darf ich, wenn alle geeichten Präzisionsthermometer in meiner Umgebung 20 °C angeben, nur weil mir kalt ist, sagen, dass „nach meiner Meinung“ es nur 15 °C sind, auch wenn ich die Präzisionsthermometer einsehen kann, und selbst ich keines habe, was etwas anderes anzeigt?

 

Nein, das darf ich eben nicht. Ich darf der Meinung sein, wenn ich friere, dass mir, warum auch immer, kalt ist, auch wenn es 20 °C sind. Aber einfach der Außentemperatur eine andere Wärme anzudichten und darauf zu bestehen, man sollte das, zumindest als MEINE Wahrheit, akzeptieren, darf ich eben nicht.

 

Ich darf der Meinung sein, dass die Sonne im Osten aufgeht. Und wenn mir das jemand nicht glaubt, kann ich es mit meinem Kompass, den ich nicht manipuliert haben sollte, belegen. Aber zu behaupten, sie würde im Westen aufgehen, ohne es mit einem unmanipulierten Kompass belegen zu können, darf ich nicht. Und wenn ich meinen Kompass, um meine Meinung belegen zu können, manipuliere, bin ich ein Betrüger – und muss es mir gefallen lassen, dass man mich so nennt.

 

Man darf sich auch nicht auf Voltaire berufen. Denn auch Voltaire hätte es nicht gewollt, dass man alles als die eigene Meinung heraus posaunt. Eine Meinung zu haben, und auch sie öffentlich zu äußern und auf sie zu bestehen, beinhaltet, dass man sie sachlich begründen kann.

 

Sie mag dann immer noch falsch sein, nicht immer kann man sehen, ob eine sachlich begründete Meinung richtig ist. Aber wenn man eine Meinung hört, die man für falsch hält, muss man sie auch sachlich widerlegen zu können.

 

Und zu einer Diskussion gehört auch, dass, wenn man seine eigene Meinung nicht belegen kann, aber der, der eine andere Meinung hat, es kann, dass man seine eigene Meinung zurückzieht.

 

Das ist bei Meinungen, die auch ideologische oder emotionale Komponenten hat, nicht immer möglich, da man sich sicher voll in die Haare bekommen kann, ob ein Mensch nun schön ist oder hässlich, oder ob mehr soziale Absicherung richtig ist, oder diese nur faul macht und daher weniger besser wäre.

 

Es gibt nicht immer nur eine Wahrheit. Aber nur weil es nicht immer nur eine Wahrheit gibt, es zu ignorieren, dass es eben Dinge gibt, wo es nur eine Wahrheit gibt, oder ganz bewusst Lügen zu verbreiten, oder eine Ideologie als die reine Wahrheit, der nicht zu widersprechen ist, ist eben nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung erlaubt.

 

Wer seine Meinung öffentlich äußert, trägt Verantwortung.

 

Sicher kann man sich darüber streiten, ob die privatwirtschaftlichen Plattformen die Schiedsrichter darüber sein können, was Wahrheit ist und was nicht, aber, wer sollte es sonst tun? Die Justizbehörden? Was für eine Behörde wäre in er Lage, diese Mengen von Daten zu kontrollieren? Vielleicht die in der Volksrepublik China, das mag sein, aber wollen wir das? Und wäre nicht eine Plattform, neben dem Schreiber von Kommentaren selbst, die Hauptverantwortliche über das, was auf seine Plattform geäußert wird.

 

Letztendlich sind die sozialen Netzwerke wie die Büchse der Pandora, die geöffnet wurde. Wir müssen sie irgendwie unter Kontrolle bekommen, ansonsten ist auch unsere Demokratie gefährdet.

 

Denn wenn die, die die Wahrheit nicht widerlegen können, sie ungestört in einem Meer von Lügen ertränken lassen können, verlieren wir den Glauben an die Wahrheit, da wir sie nicht mehr erkennen werden.

 

 

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