Vorgeschichte:
Cixin Liu schrieb einen Science-Fiction-Roman, der „Supernova“ heißt.
In diesem Roman passiert einige Lichtjahre der Erde entfernt eine Supernova, deren harte Strahlen auf die Erde stoßen und lebenswichtige Teil der DNA des Menschen vernichten. Man geht davon aus, dass die Menschheit aussterben wird, stellt dann aber fest, dass bei Menschen, die unter 13 Jahre alt sind, die DNA sich wieder selbst reparieren kann. Nur bei älteren Menschen, also bei allen, die über 13 Jahre alt sind, bleiben die DNA-Teile zerstört, und diese Menschen werden erkranken und in relativ kurzer Zeit sterben.
Die Konsequenzen in den einzelnen Staaten sind, dass man die Kinder, die überleben werden, so schnell wie möglich das Erwachsensein beibringen will.
Cixin Liu stammt aus China, und somit fängt auch seine Geschichte in China an.
Eltern werden beauftragt, ihre Kinder in den Beruf, den ein Elternteil hat, einzuweisen. Ein Arzt bringt seinem Kind bei, ein Arzt oder eine Ärztin zu werden, ein Medizinstudium per Homeoffice und als Praktika sozusagen. Ein Ingenieur mach das Gleiche mit seinen Kindern in seinem Beruf.
Ob eines der Kinder Talent für den jeweiligen Beruf hat, wird nicht berücksichtigt, da für eine entsprechende Auswahl und Tests keine Zeit bleibt.
Hohe Beamte besuchen Schulen und wählen bestimmte Kinder, entsprechend ihres jeweiligen Verhaltens, aus und stecken die in ein Camp, wo mehrere Gruppen in einer abgeschotteten Gegend, in der jede Gruppe ein Staat darstellt, regiere lernen. Einige Gruppen fangen an, andere Gruppen zu erobern, um sich deren Ressourcen zu sichern. Eine Gruppe erzielt die besten Ergebnisse dadurch, dass es durch Verhandlungen ihren Staat stabilisiert und ihn durch Bündnisse vor Eroberungen durch anderer Staaten schützt
Die, die sich in diesem Staat ausgezeichnet haben, werden für die Staatsführung von China ausgewählt und in der noch verbleibenden Zeit entsprechend ausgebildet.
Es werden Vorräte angelegt und auch ein Supercomputer entwickelt, der den zukünftigen Staatsführern Unterstützung geben soll.
Dann komm der Tag, an dem die Erwachsenen sich zum Sterben in ferne Gebiete zurückziehen und die Erde gehört den Kindern.
Die neue Staatsführung in China befürchtet, dass nach der Übergabe alles zusammenbricht, aber erst einmal läuft alles ganz normal weiter, wie man auf den Computerbildschirmen in der Regierungszentrale sehen kann.
Dann breitet sich aber das Chaos aus. Bald ruft das erste Kind diekt in der Regierungszentrale an, es hat Angst, es fühlt sich alleine. Ein weiteres Kind ruft an, weil es dort brennt. Ein anderes Kind ruft an und fragt, wo seine Eltern sind. Ein anderes Kind sagt nur heulend am Telefon, dass es Hunger hat.
Bald scheint jedes chinesische Kind in der Regierungszentrale anzurufen, weil es eine Lösung ihres ganz persönlichen Problems erwartet.
Die Regierungsmannschaft ist überfordert, bis jemand auf die Idee kommt, der Supercomputer soll die Anrufe entgegennehmen und beantworten. Und dieser schafft es auch, alle Kinder, die anrufen, erst einmal zu beruhigen. Er erklärt, wie die Brände gelöscht werden können, hilft dem hungrigen Kind die Lebensmittel zu suchen, die die Eltern irgendwo im Haus eingelagert haben, spendet Trost, und die eingesetzten Provinzregierungen bekommen die örtlichen Probleme mithilfe des Supercomputers wieder in den Griff.
Es dauert aber nicht lange, vielleicht zwei, drei Wochen, da bekommt die neue Regierung mit, dass die Kinder nicht wie die Erwachsenen arbeiten und leben wollen. Immer mehr treffen sich im Internet und gründen eine Art Volkskongress, um über ihr zukünftiges Leben zu debattieren. Es sind schon alle rund 200 Millionen chinesische Kinder in diesem Volkskongress präsent, als die Regierung davon erfährt, und sie klinkt sich über den Supercomputer dort, über jeweils einen Avatar für jedes Regierungsmitglied, ein, wie es auch die anderen 200 Millionen chinesischen Kinder machen. Jeder der 200 Millionen Kinder hat eine Meinung, es ist das reine Chaos, das dort herrscht. Erst durch den Supercomputer, der jede einzelne Meinung auswerten kann, schafft man die Meinungen, die ähnlich sind, zu bündeln, und so kann der Computer feststellen, dass eine gewisse Prozentzahl der Kinder– und zwar eine hohe Prozentzahl - spielen möchte, Spaß haben. Das Leben eines Erwachsenen finden sie langweilig.
Es gibt verschiedene Vorschläge dabei. Zum Beispiel möchte man ein einziges großes Haus, in dem alle chinesischen Kinder leben können, das laut Berechnungen ca. 25 km hoch sein muss, bauen. Die Kinder fühlen sich, selbst wenn sie in Orten wohnen, alleine, sie benötigen Nähe.
Dann will man zum Spielen eine Bonbonstadt errichten, einen Freizeitpark, einen Wildnis-Zoo-Park und vieles mehr.
Die Regierung wirft ein, man muss arbeiten, um leben zu können, worauf der Volkskongress die Regierung als langweilig, als Spielverderber und Ähnliches einstuft, immerhin haben ja die Erwachsenen für vieles riesige Mengen an Vorräten bereitgestellt.
Somit versucht die Regierung, die Wünsche umzusetzen.
Man ist noch bei der Planung der ganzen Projekte, da bekommt die chinesische Regierung eine Einladung zur „neuen“ UNO-Generalversammlung in New York, und die Regierungsvertreter lassen sich dort hinfliegen. Der Flug geht sehr holperig vonstatten, da die Kinderpiloten keine geübten Flieger sind, aber sie kommen doch heil in New York an, wo sie vom US-Vizepräsidenten und einigen Sicherheitsbeamten mit schusssicheren Autos abgeholt werden, um zum UNO-Gebäude zu fahren.
Unterwegs kommen sie an einer Straßensperre vorbei, an der geschossen wird, und zwar auf eine dahinterliegende andere Straßensperre. Nein, es ist kein Bürgerkrieg in den USA ausgebrochen, die Kinder spielen nur. Im Grunde spielen sie, wie die Kinder früherer Generationen, Cowboy und Indianer, nur mit modernen, echten Waffen. Und da Cowboys und Indianer so etwas nicht hatten, spielen sie eben Krieg mit echten Waffen und scharfer Munition. Wer getroffen ist, ist verletzt oder tot, aber so was gehört zum Spiel eben dazu.
Der Auto-Konvoi muss anhalten. Erst als die Kriegspartei an der Straßensperre den Vizepräsidenten erkennt, lässt man sie durch, wobei man sich aber noch bei ihm darüber beschwert, dass sie für ihre Kriegsspiele nicht die ganz großen Dinger wie Flugzeugträger, schwere Kreuzer, Panzer, schwere Artillerie usw. haben dürfen.
Beim UNO-Gebäude eingetroffen, müssen sie feststellen, dass eine Ecke des Gebäudes bereits von einer Rakete einer Kriegs-Spiel-Partei weggeschossen wurde. Der neue UNO-Generalsekretär empfängt sie vor dem beschädigten UNO-Gebäude und weist darauf hin, dass die UN-Sitzung nach Washington-DC verlegt wurde, wohin es mit Hubschraubern dann gleich weitergeht.
In Washington, im Weißen Haus, wird den ganzen Delegationen der Staaten vom US-Präsidenten ein festlicher Empfang bereitet, und nach einem ausgiebigen Essen, mit ausreichend zu trinken, bringt der US-Präsident seinen Vorschlag vor, wie die neuen Staaten wieder enger zusammenkommen können. Durch eine Olympiade – und zwar durch eine Kriegsolympiade, mit verschiedenen Disziplinen und Regeln, die noch zusammengestellt werden müssen.
Nach einiger Skepsis sind alle begeistert. Es werden gleich von verschiedener Seite Vorschläge unterbreitet, welche Disziplinen man sich dabei wünscht.
Letztendlich vereinbart man, dass in der Antarktis, die durch den Klimawandel nicht mehr ganz so unzugänglich ist, eine Kriegsolympiade stattfindet wird, mit Panzerschlachten, Artillerieschlachten, Infanterieschlachten und noch einiges andere.
Die Spiele werden einstimmig beschlossen.
Zur Olympiade kommen 3 Millionen Kindersoldaten in die Antarktis und viel Kriegsgerät. Es werden viele Disziplinen ausgetragen und zwischendurch auch viel gemeinsam gefeiert.
Am Ende der Olympiade sind alle von den Spielen begeistert. Es hat große Schlachten gegeben, die entsprechenden Sieger sind stolz. Dass die USA und China sogar jeweils eine Atomrakete zündeten, wird zwar als Regelverstoß angesehen, aber man sieht darüber hinweg.
Dass es bei diesen Spielen runde 500.000 Tote gegeben hat, gehört zu einer echten Kriegsolympiade dazu. Davon ist man überzeugt.
Denn es war wirklich toll, mal wieder richtig Kind sein zu dürfen, statt sein Leben wie ein Erwachsener frönen zu müssen. Und wer gefallen ist, kann auch nicht meckern, dass er es nicht so toll gefunden hat, dass er hatte sterben müssen. Und auch wer irgendwo verletzt in einem Lazarett lag, konnte seinen Frust und Schmerz bei der Abschlussfeier nicht kundtun.
So, das war die Vorgeschichte, und nun kommen wir zu heute und gehen in die Realität.
Scheinbar haben auch heutzutage viele Erwachsene keine Lust mehr, wie Erwachsene, sich vernünftig und zivilisiert zu verhalten, und sie fliehen dorthin, wo ihre direkte Umgebung sie nicht mehr mit Vorschriften schikanieren kann, im Internet in die sozialen Netze – bzw., sie treffen sich in der realen Welt in Gruppen, von denen sie wissen, dass die dortigen anderen Teilnehmer auch gegen das sind, was die vernünftigen Erwachsenen ihnen vorschreiben wollen. In die Anonymität des Internets, oder in der realen Welt unter Gleichgesinnten, um dort den Zwängen einer zivilisierten Gesellschaft, die auf Konsens aufgebaut ist, zu entgehen.
Anders ist es schlichtweg nicht zu verstehen, dass es oft die Gleichen sind, oft sogar dieselben Menschen, die gegen alles wettern, was die Vernunft ihnen vorschreiben will.
Es gibt eine weitgehende Übereinstimmung, dass die, die gegen die Corona-Maßnahmen waren und sind, auch den Klimawandel leugnen oder zumindest den weitestgehend von Menschen verursachten Klimawandel und jede vernünftige Veränderung im Leben, um dem entgegenzutreten, als Bevormundung ablehnen. Die Gleichen sind oft gegen jegliche Einschränkungen im Straßenverkehr, – zumindest, wenn es um den individuellen, motorisierten Straßenverkehr geht.
Man will nicht bevormundet werden, aber von alleine auch nicht vernünftig sein.
Und wieder waren und sind es oft dieselben, die sich gegen ein Sparen bei der Energie eingesetzt haben oder einsetzen. Einige haben sogar damit geprahlt, aus Protest, ab sofort täglich länger duschen zu wollen als bisher, und die Heizung höher zu drehen. Dass so ein Verhalten, wenn es denn überhaupt zu etwas führt, eher dazu führt, dass dann die Gefahr besteht, dass man im Februar gar keine warme Dusche und funktionierende Heizung hat, war denen schlichtweg egal. Das ist ein Verhalten von pubertären Trotzköpfen.
Es gab von einer Partei sogar Parlamentsabgeordnete, die ankündigten, jetzt länger warm zu duschen und die Heizung höher zu drehen. Und solche Idioten wollen Verantwortung in diesem Land übernehmen?
Sie wollen nicht erwachen sein, nicht vernünftig. Sie brüllen nach Eigenverantwortung, wollen aber keine Eigenverantwortung tragen, da zur wirklichen Eigenverantwortung auch gehören würde, sich um das Wohl der anderen in der Gesellschaft zu sorgen. Sie sich auch dabei nicht bevormunden zu lassen, selbst wenn es verheerende Konsequenzen für alle haben kann. Stattdessen wird eher gefordert, sich doch mit Russland zusammenzutun, damit dieses einem weiterhin billiges Gas und Öl in ausreichender Menge liefert. Und man sollte doch der Ukraine keine Waffen liefern. Sollen die doch lieber sich dem Diktatfrieden Russlands beugen und dann eben unter russischer Knute leben. Das ist ihr Problem, nicht unseres.
„Ich gehe für meine Freiheit auf die Straße, auch für die Freiheit, billiges Gas zu bekommen, sollen die Ukrainer doch zusehen, wie sie ihre Freiheit verteidigen, aber wir haben damit nichts zu tun.“
Eine echte Freiheitspartei setzt sich nur für die Freiheit der eigenen Gesinnungskumpanen ein, auch wenn andere dafür ihre Freiheit verlieren.
Im Grunde läuft es bei vielen darauf hinaus, und oft sind es eben dieselben, die auch gegen Coronamaßnahmen protestiert haben, und gegen jegliche Art von Klima- und Umweltschutz – und oft sprechen die Gleichen sich für ein Verbot von Chemtrails aus, obwohl es die doch gar nicht gibt.
Man bekommt einfach das Gefühl, sie sind wie die Kinder in dem Roman „Supernova“, die da brüllen, wir wollen nicht mehr wie Erwachsene leben müssen, wir wollen nur noch spielen, das machen, was uns gefällt, niemand hat uns etwas vorzuschreiben. Viele wollen bei ihrem Aufschrei gegen die Vernunft auch keine zivilisierte Auseinandersetzung, sondern man bekommt regelrecht das Gefühl, sie würden einem am liebsten eins in die Fresse hauen und versuchen es zumindest in verbaler Form zu tun.
Widerlegt man deren Aussagen, kommen einfach die nächsten Behauptungen, widerlegt man auch diese, kommen neue Behauptungen. Weigert man sich dann zu antworten, weil es keine Diskussion ist, wenn jemand auf eine Erwiderung nicht eingeht, sondern einfach eine neue Behauptung bringt, werden die Leute pampig.
Es macht den Leuten scheinbar regelrecht Spaß, den anderen im Netz nur zu ärgern, ihn anzukeifen, anzupöbeln oder auf den Arm zu nehmen, ihm verbal eins in die Fresse zu hauen. Als ob sie im realen Leben absolut frustriert sind, dort sich aber vernünftig verhalten müssen, da sie ansonsten noch mehr Ärger bekommen, und sie daher die Anonymität des Internets (oder eine reale Gruppe von Gleichgesinnten) ausnutzen, um endlich einmal Dampf abzulassen. Einige geben es sogar offen zu, dass doch dafür die sozialen Netzwerke, nach ihrer Ansicht, vorhanden sind.
Es macht Ihnen Spaß, sich wie pubertierende Halbstarke zu benehmen, sich endlich mal nicht vernünftig, höflich, oder zivilisiert zu verhalten. Ob man den anderen damit kränkt, ist egal oder mach sogar Spaß.
Und sie scheinen regelrecht stolz darauf zu sein, sich wie jemand zu verhalten, der sein Leben lang nur in der Taiga mit Bären gerungen hat. Weist man dann aber darauf hin, dass es so ist, sind sie beleidigt.
Die Leute tun also etwas mit stolz, dass sie aber selbst verachten und sich beleidigt fühlen, wenn man es beim Wort nennt.
Und man kann solchen Leuten auch nicht mit Vernunft kommen, so etwas würden sie nur als Schwäche ansehen und noch stärker in die Kerbe hauen.
Vielleicht mögen die Leute auch gerade deshalb Putin so sehr. Der ist auch jemand, der keine Rücksicht auf die Befindlichkeiten von anderen nimmt, sondern einfach zuschlägt, wenn ihm etwas nicht passt, egal, wie sehr die, die dabei getroffen werden, darunter leiden. Vielleicht hechelt auch die AfD deshalb Putin so hinterher, und viele wiederum der AfD. Die machen das, was sie selbst gerne wollen, eine verbale Schlägerei – im Grunde einen Krieg.
Putin und die AfD sind für diese Leute leuchtende Beispiele für unzivilisiertes Verhalten, das sich um die Befindlichkeiten anderer nicht schert. So will man auch sein.
Aber eine Gesellschaft, in der pubertäre Halbstarke den Ton angeben, kann nicht funktionieren. Vielleicht würde dann eine Gesellschaft sogar in den Zustand zurückfallen, in der die warmen Duschen nicht mehr regelmäßig funktionieren – und auch das Heizen Probleme bereitet.
Nur, wie erklärt man das den pubertären Trotzköpfen, die zwar gerne pubertäre Trotzköpfe sind, es aber nicht öffentlich zugeben wollen?
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