Im April 2012 überlegte sich Herr E., neben den üblichen Versuchen einen neuen Job zu finden, selbst eine Leistung als Selbstständiger anzubieten. Grundvoraussetzung war, dass er selbst in keine finanzielle Vorleistung treten musste, er also eine Dienstleistung anbieten wollte, und über eine Webseite dafür Werbung zu machen.
Um zu verhindern, dass das Jobcenter den Eindruck bekommen würde, er würde versuchen, am Jobcenter vorbei, schwarz Geld zu verdienen, meldete Herr E. sich beim Finanzamt an, holte sich eine Steuernummer und meldete dieses dem Jobcenter.
Das Jobcenter nahm dieses zu Kenntnis und wies darauf hin, dass sie entsprechend eine neue Leistungsberechnung erstellen muss, die aber finanziell keine Auswirkungen hätte. Es müsste eben nur der neue Zustand, dass Herr E. versucht selbstständig Geld zu verdienen, niedergeschrieben werden.
Das Jobcenter wies Herrn E. explizit darauf hin, dass sich für ihn, gegenüber dem Jobcenter, nichts ändern würde. Er würde weiter von dem Jobcenter, das für die Innenstadt zuständig war, betreut werden, und alles würde grundsätzlich so weiter gehen, wie bekannt. Auch würde Herr E. weiterhin Stellenangebote bekommen und diese müsste er, wie gehabt, abarbeiten.
Nun ist das Jobcenter eine Behörde, und daher nicht gerade schnell, was aber erst einmal nicht tragisch war. Erst ungefähr 5 Wochen, nachdem Herr E. das Jobcenter von seinen Absichten mitgeteilt hatte, bekam er den neuen Leistungsbescheid, ausgestellt am 06.06.2012, zugesandt. Gleichzeitig, also auch vom 06.06.2012, mit diesem Leistungsbescheid bekam Herr E. ein Formular, in dem er eintragen sollte, wie hoch er seine Ausgaben und Einnahmen für seine selbstständige Tätigkeit in den ersten sechs Monaten, also vom Mai bis Oktober 2012, einschätzte. Für das Ausfüllen dieses Formular setzte man Herrn E. eine Frist bis zum 23. Juni.
Herr Ernst empfand das Formular etwas kompliziert, war sich aber sicher, wenn er sich damit beschäftigt, dieses Formular schon richtig auszufüllen. Immerhin hatte er noch rund zwei Wochen Zeit dafür.
Bereits zwei Tage später bekam Herr E. wieder Post, mit Datum vom 08.06.2012, vom Jobcenter. Diesmal aber nicht von dem Jobcenter Innenstadt, sondern von dem Jobcenter in der Hans-Böcker-Straße, mit denen Herr E. noch nie etwas zu tun gehabt hatte. Herr E. öffnete diesen Brief und war absolut sprachlos.
In dem Schreiben teilte der Jobcentermitarbeiter Herr M. Herrn E. mit, dass das Jobcenter, bis auf weiteres jegliche Zahlung einstellte, da Herr E. seine geschätzten Einnahmen und Ausgaben, dem Jobcenter noch nicht mitgeteilt hatte.
Orignaltextpassage:
"Um Überzahlungen und Erstattungsforderungen gegen Sie zu vermeiden, habe ich Ihre laufenden Leistungen gem. § 40 Absatz 1 Satz 2 SBG II in Verbindung mit § 331 Drittes Buch des Sozialgesetzbuch vorläufig eingestellt."
Um es klarzustellen. Am 08.Juni 2012 wurde die Zahlung an Herrn E. eingestellt, da Herr E. die Einnahmeneinschätzung, für deren Abgabe man ihm eine Frist bis zum 23.Juni 2012 gegeben hatte, zwei Wochen vor dem Fristablauf, noch nicht abgegeben hatte.
Herr E. hatte sich also nichts zuschulden kommen lassen, da er noch zwei Wochen für die Abgabe der eigenen Einnahmeneinschätzung Zeit hatte. Trotzdem stellte man mit sofortiger Wirkung die Zahlung bis auf Weiteres komplett ein, weil Herr E. die Einschätzung noch nicht abgegeben hatte.
Des Weiteren teilte der Sachbearbeiter Herr M Herrn E. mit, dass unter gewissen Voraussetzungen Herr M. die eingestellten Zahlungen nach 2 Monaten nachzahlen würde. Wie der Text im Einzelnen auszulegen war, was die gewissen Bedingungen bedeuteten, war schon wieder Juristendeutsch und für Herrn E. unverständlich.
Das Einzige was Herr E. eindeutig verstand war, dass er am nächsten 1. wohl nicht seine Miete, sein Strom, sein Gas, sein Telefon usw. bezahlen konnte, und wohl auch vor dem Lebensmittelsupermarkt mit leerem Geldbeutel stehen würde.
Dazu eine kleine Randbemerkung von mir. Wer dem Link zum § 331 Abs. 1 SGB III folgt, wird lesen können, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, sich dazu zu äußern. Davon stand nichts in dem Schreiben von Herrn M. Sicher kann man behaupten, Herr E. kann ja anrufen, was er dann ja auch tat, dann wäre ihm ja Gelegenheit gegeben worden. Aber wäre es nicht eine Selbstverständlichkeit gewesen, auf diese rechtliche Möglichkeit hinzuweisen. Immerhin ist ansonsten die übliche Prozedur einen Widerspruch an die Widerspruchsstelle zu senden - und so etwas dauert dann auch ein paar Wochen, sicher weit über dem 1. des nächsten Monats hinaus, bis reagiert wird. Von Amtswegen tat man gerade so, als ob für einen ALG II Empfänger es eine Bagatelle ist, wenn man mal so eben die ALG II Zahlungen komplett einstellt. (Ist ja nicht schlimm, kann man ja mal machen.)
Und es dreht sich hier um die vorläufige Einstellung der kompletten Zahlung - ohne dass Herr E. sich irgendetwas zuschulden hat kommen lassen.
Und selbst wenn Herr E. wirklich nach zwei Monaten alles nachträglich wieder ersetzt bekommt, ändert das doch erst einmal nichts daran, dass er am 01.Juli 2012 pleite ist, er nicht seine Miete zahlen kann, sein Strom, Gas, Telefon und Lebensmittel.
Und man sollte nicht vergessen, dass er sich nicht einmal Geld leihen dürfte, wenn ihm denn jemand was geben würde. Als ALG II Empfänger darf man ihn nicht pfänden. Alles, was man ihm daher gibt, sind als Einnahmen zu betrachten, hat er dem Jobcenter zu melden und wird als Einnahmen verbucht. Wenn man ihm das Geld bewusst schenken würde, gilt na klar das Gleiche.
Noch einmal: "Herr E. hat sich nicht einmal etwas zuschulden kommen lassen. Er hat keinen Termin überschritten oder versäumt, oder sich sonst irgendwie einer Anweisung widersetzt.
Um eine eventuelle Erstattungsforderung zu verhindern, wurde das Grundrecht auf Sicherung des Lebensunterhaltes einfach mal vorläufig eingestellt.
Da sieht man mal die Prioritäten dieser Behörde und ihre Einstellung zu Grundrechten.
Es ist schon sehr interessant, wie leichtfertig die Mitarbeiter des Jobcenters mit der "Sicherung des Lebensunterhaltes" eines Arbeitslosen umgehen. Da Herr E. sich nicht einmal etwas zuschulden hat kommen lassen, konnte man nicht einmal von einer Sanktion sprechen. Man wollte nur eine eventuelle Überzahlung verhindern, und daher stellte man, ohne das ein Verschulden von Herrn E. Vorlag, einfach die Zahlung ein, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie Herr E. seine Miete, Strom, Gas, Telefon bezahlen kann, und wie er Lebensmittel bezahlen soll.
Und das tat das Jobcenter bereits zwei Wochen vor Fristablauf, die man Herrn Ernst, für das Ausfüllen des Formulars gegeben hatte.
Der Jobcentermitarbeiter Herr M. spielte sozusagen mit der Existenz von Herrn E. und ihm war es völlig scheißegal, welche Konsequenzen das für Herrn E. hatte.
Und er Herr M. hatte die Macht dazu. Klagen konnte Herr E., wenn es zu keiner Einigung kam, nur vor dem Sozialgericht, wobei er erste einmal bei der Widerspruchsstelle des Jobcentes hätte Widerspruch einlegen müssen, wobei es alleine Wochen dauern würde, bis von dort eine Antwort kommen würde.
Eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung war unmöglich, da der Mitarbeiter des Jobcenters, Herr M., zwar die Macht hatte die Existenzgrundlage Herrn E. wegzunehmen, aber er doch so unbedeutend ist, so ein kleiner unbedeutender Wurm in der Hierarchie der deutschen Behördenstruktur, dass die Vernichtung der Existenz von Herrn E. keine Rechtsbeugung darstellen würde, da er kein Amtsträger ist, und man Amtsträger sein muss, um überhaupt eine Rechtsbeugung machen zu können.
Wohlgemerkt, Herr E. hatte sich nichts zuschulden kommen lassen.
Herr E. hatte das Schreiben bereits unten im Hausflur, am Briefkasten geöffnet. Kaum hatte er es gelesen und sah die Möglichkeit schwinden, den nächsten Monat irgendwie zu überleben, rannte er hoch in seine Wohnung, griff völlig aufgebracht zum Telefon, um beim Jobcenter anzurufen. Dass bei der Ankündigung sein Adrenalinspiegel am Überkochen war, ist ja nun wirklich zu verstehen. Bei so einem Schreiben, mit der zu befürchteten Konsequenz, darf niemand erwarten, dass Herr E. ruhig bleibt. Völlig aufgebracht fragte er, als er einen Mitarbeiter vom Jobcenter in der Leitung hatte, was das denn solle, immerhin hätte er für die Beantwortung seiner geschätzten Einnahmen noch ca. 14 Tage Zeit. „Nicht in diesem Ton“, fauchte der Mitarbeiter und legte einfach auf. Herr E. war baff. Sicher, er war aufgeregt und hatte auch entsprechend, fordernd und überhastet gesprochen, aber er hatte niemand beleidigt. Und nach so einem Schreiben hat man ja wohl ein Recht, aufgeregt, ja geradezu in Panik zu sein.
Trotzdem versuchte Herr E. es noch einmal, nachdem er ein bisschen Luft geholt hatte, um sich etwas zu beruhigen. Diesmal bekam er eine Frau ans Telefon, und Herr E. erklärte das Gleiche noch einmal. Diesmal legte die Frau nicht auf, holte sich die von Herrn E. genannten Schreiben, also das, in dem man drohte, die Zahlung einzustellen und das, welches zwei Tage vorher geschrieben worden war, in dem Mann Herrn. E. eine Frist für die Beantwortung der Fragen bis zum 25. Juni gegeben hatte, auf ihren Monitor.
Nach dem Lesen beider Schreiben kam die Frau zu der Erkenntnis, dass das mit der Drohung der Zahlungseinstellung nur ein Irrtum sein konnte. Das erste Schreiben zeigte nun einmal eindeutig an, dass Herr E. für die Beantwortung des Vordruckes noch bis zum 25. Zeit hatte, und bis dahin waren ja noch runde 14 Tage Zeit. Sie versprach dem Sachbearbeiter Herr M., der die Drohung geschrieben hat, eine entsprechende Mitteilung zukommen zu lassen. Dieser würde sich dann schnellstens, morgen oder übermorgen, mit Herrn E. telefonisch in Verbindung setzen, und dann würde wohl alles ganz schnell geklärt werden.
Somit war Herr E. erst einmal beruhigt und sah etwas sorgenfreier in die nähere Zukunft.
Am 14. Juni um 13:04 bekam Herr E. den erwarteten Anruf auf sein Handy, als er gerade auf dem Weg in die Bücherei war. Es sei im Vorwege schon einmal vermerkt, dass das Gespräch dort auf der Straße dann geschlagene 40 Min. 11 Sek. dauerte.
Herr E. wies auf das Schreiben hin, in dem ihm eine Frist bis zum 25. des Monats gewährt wurde. Solange man eine Frist nicht überschreitet, hat man auch keine Repressalien zu befürchten. Herr M. wies darauf hin, dass ihn das Schreiben, dass Herr E. zwei Tage vor seinem Schreiben, vom Jobcenter bekommen hatte, nicht interessierte. Da Herr E. sich selbstständig gemacht hat, wäre seine bisherige Jobcenter-Dienststelle nicht mehr für ihn zuständig, sondern die, in der Herr M. sitzt. Was die alte Dienststelle geschrieben hat, ist unerheblich. Auch die dort gegebene Frist interessierte Herrn M. nicht. Ihn interessierte nur, dass er auf jeden Fall eine eventuelle Doppelzahlung vermeiden möchte, und da er die angeforderten Daten von Herrn E. nicht bekommen hat, kann er keine Zahlung genehmigen. „Aber ich habe doch eine Frist bis zum 25.“, wies Herr E. immer wieder hin. Das interessiere nicht. Der 25. ist zu spät, er müsse die Zahlung bereits in der Woche vorher anweisen, ansonsten wäre es zu spät. Der Computer ist so geschaltet, dass er danach keine Anweisungen für den 01. des folgenden Monats mehr abbuchen kann. „Aber ich habe doch eine Frist“, kam es wieder von Herrn E. Das wäre egal, meinte Herr M. Immerhin könne Herr E. ja auch die Daten vor dem 25. abgeben. Daran hindert ihn ja keiner. „Aber eine Frist heißt doch, dass man bis zum Ende der Frist Zeit hat, ohne dass man in Verzug kommt und ohne dass man dann Nachteile befürchten muss.“ Immerhin war das Formular für Herrn E. neu und er müsste sich damit auch in Ruhe beschäftigen, um es zu verstehen. Das wäre egal. Der 25, ist zu spät, entweder gebe Herr E. die Daten in der Woche davor ab, oder es gebe kein Geld. Punkt aus. Da das Gespräch immerhin über 40 Minuten ging, kann sich jeder denken, dass das noch eine Weile so weiter ging. Irgendwann wies Herr E. darauf hin, dass er sich das nicht bieten lassen muss. Er hätte vom Jobcenter schriftlich eine Frist bekommen, die hätte er nicht überschritten, und somit hätte er ein Grundrecht auf seine Grundsicherung. Verwehrt man ihm die, würde er zum Anwalt gehen und gegen Herrn M. klagen.
Auch das ließ Herrn M. vollkommen kalt. Sicher, als Mitarbeiter des Jobcenters wusste er mit Sicherheit, dass Herr E. ihm juristisch nicht beikommen konnte, dass der Rechtsstaat dafür gesorgt hatte, dass ein ALG II Empfänger zwar über das Sozialamt seine Forderung einklagen konnte, was dann schnell mal zwei Jahre dauern würde, aber niemand, der Sozialleistungen vom Staat bekommt, die entsprechende Behörde, geschweige dann den dortigen Mitarbeiter, wegen falschen Verhaltens anzeigen konnte. Auch dann nicht, wenn man die Zahlung komplett einstellte, obwohl man nicht einmal von einer Sanktion reden konnte, da Herr E. nicht einmal die, ihm gesetzt Frist, überzogen hatte.
Das Gefetze am Telefon näherte sich der Vierzigminutenmarke, als Herr E. dann am Telefon damit drohte, die beiden Schreiben an die Medien zu weiter zu leiten. Hier drehte es sich um ein, per Grundgesetz verbrieftes Grundrecht. Herr E. hatte nachweislich sich nichts zuschulden kommen lassen, da er noch fast zwei Wochen Zeit für die Abgabe der Daten hatte. Irgendeine Zeitung, Magazin oder Reportage würde schon bereit sein, die Verletzung des Grundrechtes, nur weil man eine eventuelle Überzahlung vermeiden wollte, zu veröffentlichen. Erst recht, da das Jobcenter ja selbst Herrn E. eine Frist für die Beantwortung genannt hatte, die noch nicht abgelaufen war, und somit nicht einmal ein Verschulden von Herrn E. vorlag. Und Fristen wurden, auch von Behörden gesetzt, um klar zu machen, bis zu welchem Zeitraum man mit keinen Repressalien rechnen muss.
Und plötzlich wurde Herr M. Richtig zugänglich. Egal wie sehr er vorher, in einem Ton, den Herr E. sich zwei Tage vorher nicht am Telefon erlaubt hatte, als man einfach den Hörer wieder aufgelegt hat, alles abgewimmelt hatte, auf die Einstellung der Zahlung gepocht hatte, sollte Herr E. das Formular nicht weit vor der gesetzten Frist, richtig ausgefüllt, abgeben, ihm alles egal war, was Herr E. vorgebracht hatte, wollte Herr M.wohl doch nicht, dass er eine gewisse, wenn auch nur kurzfristige Berühmtheit in Presse oder Fernsehen, oder gar in beiden zusammen, wurde. Anscheinend schien es Herrn M. doch unangenehm zu sein, wenn vielleicht Bekannte, Verwandte oder sonst jemand aus einem Umfeld mitbekommen würde, wie er mit den Grundrechten von, immerhin unbescholtenen Bürgern, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, keine gesetzten Fristen versäumt hatten, umging.
Es war fast ein Wunder, was die Drohung, beide Schreiben, in denen ja auch die Namen der Sachbearbeiter standen, der sogenannten vierten Gewalt im Staate zu übermitteln, bewirkte. Herr M. konnte zwar auch weiterhin nicht den Termin 25. Juni akzeptieren, machte aber Herrn E. den Vorschlag, er könne am 19. Juni, gleich um 07:30 Uhr zu ihm ins Jobcenter kommen, und dann würde er Herrn E. bei dem Ausfüllen des Formulars helfen, ihm bei den Fragen, die Herrn E. bei einzelnen Positionen hatte, helfen.
Wow. Ca. 39 Minuten gegenseitiges Gekeife am Telefon, das Herr E. zum größten Teil auf dem Fußsteig vor dem Eingang der Bücherei geführt hatte, und plötzlich ein einminütiges, sachliches Gespräch, in dem, als er die Befürchtung hatte, medientechnisch kurzzeitig eine Berühmtheit zu werden, der Mitarbeiter vom Jobcenter sogar, man könnte fast sagen, eine bürgernahe Verwaltung an den Tag legte.
Letztendlich sei gesagt, dass nach dem Termin am 19. Juni gewährleistet war, dass Herr E. doch am 01. des nächsten Monates seine Grundsicherung bekam. Aber letztendlich nur, weil anscheinend jemand nicht als der böse Buhmann in den Medien stehen wollte. Da ist es schon interessant, welche Prioritäten beim Jobcenter gesetzt werden.
Auch wenn man ihm nicht hätte rechtlich ans Bein pinkeln können, schien es dem Sachbearbeiter schon klar zu sein, dass das, was er da durchzog, eine Schweinerei war. Zumindest wollte er nicht in der Zeitung damit in Verbindung gebracht werden, dass er jemandem vorläufig das ALG II gestrichen hat, ohne das dieser Arbeitslsose sich irgendwas hat zuschulden kommen lassen.
Das Grundrecht auf Grundsicherung hatte nicht zu diesem Ergebnis geführt.
Ich persönlich würde so ein Verhalten des Jobcenters als Gewalt bezeichnen. Wer so gleichgültig mit der Existenz von Menschen spielt, führt Gewalt aus.
Und es ist ungerecht, von Arbeitslosen zu verlangen, keine Gewalt anzuwenden, wenn man selbst Gewalt anwendet, die die Existenz des Arbeitslosen gefährdet.
Es ist wirklich merkwürdig. Das Jobcenter hat das Recht eine Grundsicherung, wenn auch nur vorläufig, total einzustellen, wenn die Gefahr einer eventuellen Überzahlung sich einstellen könnte. Jedes Jahr droht den meisten Steuerzahlern eine Überzahlung an Steuern, an den Staat. Und jedes Mal muss der Steuerzahler die Überzahlung vom Staat nachträglich zurückfordern. Das findet der Staat komischerweise völlig normal.
Und wenn man sich anschaut, wie Herr E. - neben diesem Intermezzo - außerdem darum kämpfen muss, und er es zurzeit immer noch tut, damit die Kürzung wegen seiner Wohnungskosten zurückgenommen wird; und das, obwohl immerhin selbst bei dem Jobcenter eine Rechtsunsicherheit über diese Kürzung besteht, ist die das Verhalten dieses Staates schlimmer als nur einfach zweifelshaft.
Zu viel zu bekommen, zu wenig selbst zu zahlen, stört den Staat anscheinend überhaupt nicht. Nur wenn eventuell das Risiko besteht, dass der Staat im Vorwege zu wenig Geld bekommen sollte, oder eventuell im Vorwege zu viel bezahlen muss, dann wird sogar ein Grundrecht eingeschränkt, um das Risiko gleich von vornhinein auszuschließen.
Der Staat stellt seine eigenen Interessen eindeutig selbst über die Rechte des Bürgers. Selbst über das Grundrecht der Sicherung des Lebensunterhaltes.
So wie der Staat sich benimmt, müsste eigentlich vor dem Grundgesetz eine neue Präambel mit folgendem Text stehen:
"Die Grundrechte des Grundgesetzes sind nur so lange gültig, so lange sie nicht wider den Interessen des Staats liegen."