Vorgeplänkel


 

14.07.2010. Neuer Bewilligungsbescheid des Jobcenters Lübeck, gültig vom 01.09.2010-28.02.2011.

 

In diesem Bewilligungsbescheid wurde Herrn E vom Jobcenter die Wohnkostenerstattung mit der Begründung, dass die Nettokaltmiete seiner Wohnung über dem Lübecker Mietspiegel von 258,00 € liegt, zum 01.12.2010 gekürzt.

 

 

11.08.2010. Widerspruch von Herrn E, gegen den Bewilligungsbescheid vom 14.07.2010.

 

Herr E legte gegen die Kürzung seiner Wohnungskostenerstattung zum 01.12.2010 mit der Begründung Widerspruch ein, dass er zwar auch im Internet Wohnungen gefunden hätte, die, wie vom Jobcenter gefordert, eine Nettokaltmiete haben, die unter, bzw. bei dem festgelegten Mietspiegel von 258,00 € liegen, aber bei diesen Wohnungen die Nebenkosten so extrem hoch sind, sodass die Gesamtkosten der jeweiligen Wohnungen daher höher als bei seiner jetzigen Wohnung kommen würden, und somit ein Umzug dem Jobcenter und der Hansestadt Lübeck, und damit der Allgemeinheit teurer kommen würde, als der Verbleib in seiner jetzigen Wohnung, da die Hansestadt Lübeck nicht nur für seine Nettokaltmiete aufkommen muss, sondern auch für die Neben- und Heizkosten.

 

Und dass Herr E in der der, auch vom Jobcenter im Bewilligungsbescheid als angemessen eingestuften Größe keine Wohnung gefunden hatte, die dem Jobcenter kostengünstiger kommen würde, war kein Zufall. Auch das Jobcenter scheiterte ein paar Monate später mehrmals kläglich daran, wie sich hier noch zeigen wird, eine Wohnung auf dem Lübecker Wohnungsmarkt zu finden, die in der Gesamtkostenrechnung, also Nettokaltmiete + Nebenkosten (+ Heizung), ihnen kostengünstiger kommen würde, was das Jobcenter aber penetrant ignorierte, in dem sie einfach den Faktor „Nebenkosten“ (und Heizung sowieso), außen vor ließ, obwohl auch dieser für die Stadt genauso ein Kostenfaktor wie die Nettokaltmiete ist, und – siehe die Tabelle des Kieler Jobcenters, zwei Seiten weiter - spätestens seit der Neunovellierung des SGB 2 zum 01.01.2011, auch gängige Praxis ist.

 

Es ist nicht akzeptierbar, dass Herr E, nur wegen der Borniertheit des Lübecker Jobcenters und seiner stellvertretenden Geschäftsführerin, wegen der Gleichgültigkeit und Ignoranz des Lübecker Bürgermeisters, des Sozialministeriums von Schleswig-Holstein und speziell dessen damaligen Ministers, dessen damalige Parteiführung die Novellierung des SGB II sowieso ja teilweise als altrömische Dekadenz bezeichnet hat, mehrere Jahre warten muss, bis das Sozialgericht ihm das zugesteht, was in anderen Kommunen schon längst Praxis ist – und ganz nebenbei, einem schon der simple Menschenverstand, wenn er denn vorhanden ist, sagt. Es dreht sich hier immerhin um ein Grundrecht.

 

Die Hansestadt Lübeck muss Interesse daran haben, dass die Gesamtkosten einer Wohnung niedrig sind. Es wäre also für das Jobcenter, und damit für die Hansestadt Lübeck kostengünstiger und wirtschaftlicher, ohne Kürzung der Wohnkostenerstattung, Herrn E in seiner Wohnung, die bekanntermaßen extrem niedrige Nebenkosten hat, zu belassen, anstatt ihn zu einem Umzug zu zwingen. Daher wäre ein erzwungener Umzug reine Staatswillkür, ohne einen finanziellen Nutzen für die Hansestadt Lübeck, und damit rechtswidrig.

 

Wobei das Jobcenter Lübeck anderen ALG II Empfängen sowieso auch noch viel höhere Mieten komplett bezahlt, solange nur die Nettokaltmiete gering genug ist.

 

So. Hiermit ist alles gesagt, was gesagt werden muss. Das Buch kann somit bereits hier beendet werden. Die Hansestadt Lübeck muss die Gesamtkosten tragen, somit wäre ein Umzug von Herrn E teurer als der Verbleib in der jetzigen Wohnung, was zu der logischen Schlussfolgerung führt, dass das Jobcenter sich über den Einwand von Herrn E gefreut hat, da es nicht durch einen Umzug von Herrn E noch mehr Gelder ausgeben muss, und es für alle Beteiligten, auch für die Hansestadt Lübeck das Beste ist, wenn alles so bleibt, wie es ist.

 

Außerdem heißt es seit der letzten SGB II Reform, gültig seit dem 01.01.2011, dass der Träger bei den Unterkunfts- und Heizungskosten die tatsächlichen Kosten zu erstatten hat, solange diese nicht unangemessen sind. Bei der Frage, ob ein Wohnungswechsel zu fordern wäre oder nicht, hat der Träger „nicht unwirtschaftlich“ zu handeln (§ 22 SGB II Abs. 1).

 

Vor der Novellierung des Gesetzes war es allgemein üblich, von der Nettokaltmiete auszugehen. Die Kommunen, die im Internet ihre Seiten auf den neusten Stand gebracht haben, schreiben seit der Gesetzesnovellierung immer (teilweise neutral) von Unterkunfts- und Heizungskosten. Einige Jobcenter schreiben auf ihren Internetseiten sogar explizite, dass die anerkannte Mietobergrenze aus der Nettokaltmiete + den Nebenkosten (ab und zu auch als Betriebskosten bezeichnet) = Mietobergrenze besteht. Dass in der Kostenberechnung die Heizungskosten außen vor gelassen werden, mag, da auch sie von der Behörde übernommen werden müssen, verwirren, aber trotzdem ist die Neuregelung auf jeden Fall ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung, um die wahren Kosten zu berücksichtigen.

 

Jetzt kommt die bereits angekündigte Internetseite des Jobcenters Kiel. Die einzelnen Euro-Summen tun hier nichts zur Sache und habe ich daher dort entfernt, da die Höhe der Mietobergrenze in jeder Stadt eine andere ist. Aber das Grundprinzip ist entscheidend. Um die anerkannte Mietobergrenze zu bestimmen, werden Nettokaltmiete und Nebenkosten (Betriebskosten) zusammengezogen.

Und was in Kiel Recht ist (und nicht nur dort), kann und darf, zulasten eines ALG II Empfängers, in Lübeck nicht Unrecht sein, bzw. eine Rechtsunsicherheit darstellen.

 

Außerdem muss ja die Hansestadt Lübeck, und tat es auch bereits vor der Gesetzesnovellierung, grundsätzlich die Nettokaltmiete, die Nebenkosten, sowie die Heizungskosten in angemessener Höhe bezahlen. Herrn E also zwingen zu wollen, er solle in eine andere Wohnung ziehen, um einer Leistungskürzung zu entgehen, konnte man daher bereits vor der Neuregelung des SGB II zum 01.01.2011, ohne jegliche Abstriche, als Schwachsinn bezeichnen.

 

Also – was glaubt nun der Leser? Können wir hier Schluss machen? Ja?

 

Nein – weit gefehlt. Die Hansestadt Lübeck muss zwar auch für die Nebenkosten (und Heizkosten) der Wohnung aufkommen, aber es fehlen den zuständigen Mitarbeitern im Jobcenter, der dortigen stellvertretenden Geschäftsführerin, sowie dem Bürgermeister der Hansestadt Lübeck anscheinend die Grundkenntnisse der einfachen Mathematik, (Nettokaltmiete + Nebenkosten (+ Heizkosten) = Gesamtkosten), um Kosten fachmännisch so analysieren zu können, damit sie kapieren, dass die von ihnen - noch folgenden - vorgeschlagenen Wohnungen ihnen jeweils teurer kommen würden, als die jetzige Wohnung von Herrn E.

 

Sollte irgendjemand im Laufe des folgenden Textes, bei den fadenscheinigen Ausflüchten von den entsprechend hier Genannten, oder gar deren Lügen, den Überblick verlieren, worum es sich hier eigentlich dreht, braucht sie/er nur einmal wieder auf die Seite mit der Tabelle des Kielers Jobcenters zurückblättern, und sich die Tabelle des Jobcenters Kiel ansehen.

 

Sicher, die hiesige Odyssee begann bereits im Jahr 2010, also vor der Gesetzesnovellierung zum 01.01.2011; aber die Hauptakteure in dieser Odyssee, der Sachbearbeiter Herr G des Jobcenters Lübeck, die stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Lübeck, der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, das Sozialministerium Schleswig-Holstein, inklusive des damaligen Sozialministers von Schleswig-Holstein, treten erst nach der Inkraftsetzung des neuen Gesetzestextes ihre Rolle in dieser Odyssee an.

 

Und das in einer alten Kaufmannsstadt. Man mag es nicht glauben, aber die Geschichte hier lehrt uns eines Besseren.

 

Also liebe Leser – lest und wundert euch.

 

Jetzt nimmt die Chronologie einer Odyssee der besonderen Art ihren Lauf:

 

 

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